Der Rückruf des Hundes



Warum der Rückruf?

Die Zeiten ändern sich! Vor einigen Jahrzehnten lebten Hunde hauptsächlich am Haus und kaum ein Mensch war mit seinem Hund auf Feld und Wiesen unterwegs. Blicke ich mich um, dann brauche ich nicht lange und sehe überall Hunde. Mit der Hundedichte und den neuen Lebensgewohnheiten änderten sich die Anforderungen.

Der Rückruf ist heute eins der wichtigsten Kommandos, wenn man seinem Hund einen sicheren Freilauf ermöglichen will.



Wie sieht der perfekte Rückruf aus?


Wie häufig im Training lohnt sich auch hier die genaue Betrachtung und die Zerlegung des Ergebnis in vielen Einzelschritten.

Der Rückruf könnte wie folgt zerlegt werden:

  • Sofortige Aufmerksamkeit des Hundes bekommen.
  • Der Hund soll auf direkten Weg zum Menschen kommen (laufen).
  • Der Hund soll ruhig verweilen, wenn er beim Mensch angekommen ist.

Voraussetzungen für einen guten Rückruf


Nicht immer ist das Zurückkommen zum Menschen für den Hund erfreulich. Es beendet häufig Dinge, die der Hund lieber weiter machen möchte. Es ist also frustrierend für den Hund und wenn der Hund nie die Gelegenheit hatte, sich mit Frust im Leben auseinanderzusetzen, dann kann der sichere Rückruf schwierig bis unmöglich werden.

Die soziale Struktur zwischen Mensch und Hund spielt auch beim Rückruf eine Rolle. Wie sieht das Miteinander im Haus aus? Wie ist die Beziehung zwischen Mensch und Hund? Weiß der Mensch, was der Hund in welcher Situation braucht, was er möchte und wie man ihn motiviert und belohnt? Wie ernst nimmt der Hund seinen Menschen und wie verhandelbar sind in der Regel seine Anweisungen?

Wie leicht oder schwierig ist der Rückruf?


Einen guten Rückruf, beim Training in der Hundeschule auf dem Platz, ist schnell erlernt. Es täuscht häufig, wenn man denkt, dass sich die Übungen aus dem Junghundekurs leicht in den Alltag übertragen lassen. Hundehalterinnen und Hundehalter können durchaus skeptisch sein, wenn in der Hundeschule nie von Alltagssituationen und der Festigung des Rückrufs gesprochen wird und nur Übungen auf dem Trainingsplatz abgespult werden.

Der Rückruf des Hundes ist einfach aber der verlässliche Rückruf des Hundes unter Ablenkung ist schwierig.

So bringen Sie dem Hund den Rückruf bei


Beibringen bedeutet, dass der Hund verstehen soll, was das Rückrufwort bedeutet und was von ihm verlangt wird.

Wählen Sie ein Rückrufwort


Das Rückrufwort sollte immer gleich sein und nicht in Sätze eingebaut werden oder stark in Ton und Länge variieren.
Hat man sich für ein helles ,,Hiiiier“ entschieden, dann vermeiden Sie, besonders beim Aufbau, Dinge wie ,,Komm hier“, ,,Hiir heeer“ oder auch ein viel längeres ,,Hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiier“.
(Im Text verwende ich ab jetzt einfach das Wort ,,Hier“, was natürlich nur beispielhaft verwendet wird.)

Hundehalterinnen und Hundehalter haben es häufig in der Gesellschaft nicht einfach. Sobald der Hund gerufen wird, beobachten alle Umstehende, ob der Hund tatsächlich kommt. Das kann nervig bis stressig sein. Ein guter Trick ist, ein Rückrufsignal zu verwenden, wo anderen Menschen nicht ganz klar ist, was es bedeutet. Das könnte beispielsweise das Wort ,,HopHop“ sein. So ist ein unauffälliger und geheimer Rückruf möglich.

Als Alternative oder ergänzend zum Wort, kann eine Pfeife benutzt werden oder ein Geräusch, wie das Schnalzen mit der Zunge.

Trainieren Sie ein Aufmerksamkeitssignal


Als Vorbereitung zur Einübung des Rückrufs, sollte ein Aufmerksamkeitssignal eingeübt werden. Dafür eignet sich der Namen des Hundes. Das Ziel ist, dass der Hund immer aufmerksam zum Menschen schaut, wenn er seinen Namen hört.

So funktioniert die Aufmerksamkeitsübung


Rezept:
  • Beginne in einem ablenkungsarmen und vertrautem Umfeld
  • Wähle eine gute Belohnung (es ist nicht immer die Futterbelohnung)
  • Begebe Dich in die Nähe des Hundes
  • Nenne den Namen des Hundes
  • Schaut der Hund, kommt die Belohnung
  • Mache das kurz aber mehrfach täglich an mehreren Tagen
  • Erhöhe die Distanz aber achte darauf, dass der Hund nach Nennung des Namens nicht zu Dir kommt, denn der Name soll kein Rückruf sein. Schaut der Hund, gehe sofort zu ihm und belohne ihn oder werfe das Futter (falls Futter verwendet wird) auf Distanz.
  • Versteht der Hund das Signal wird die Ablenkung erhöht. Erst unter leichter Ablenkung und dann steigern.
  • Dann wird an verschiedenen Orten geübt: Garten, leerer Parkplatz, reizarme Wiese usw.
  • Jeder neue Ort, jede erhöhte Ablenkung ist eine neue Übungsstufe.
  • Die Belohnung gibt es, sobald der Hund eine Stufe der Übung beherrscht, nur noch gelegentlich.

Trainieren Sie den Rückruf


Rezept:
  • Beginne in einem ablenkungsarmen und vertrautem und wähle eine kleine Distanz zum Hund.
  • Wähle eine gute Belohnung (es ist nicht immer die Futterbelohnung)
  • Sprich den Hund mit Namen an (siehe oben: Aufmerksamkeitssignal)
  • Motiviere den Hund zu Dir zu kommen. Das machst Du durch in die Hocke gehen oder etwas spannendes in die Hand nehmen oder seltsame Geräusche machen. Versuche, was den Hund anspricht und ihn motiviert.
  • Kommt Dein Hund, dann nennst Du das von Dir gewählte Rückrufwort: ,,Hier“
  • Sobald der Hund bei Dir angekommen ist, erfolgt die Belohnung.
  • Um zu vermeiden, dass der Hund nach dem Rückruf und der Belohnung selbstständig wieder auf und davon ist, sollte das Geben der Belohnung stufenweise verzögert werden. Das Ziel ist es, dass der Hund (sitzend oder stehend, nach Belieben) seine Belohnung erwartet. Die Belohnung ist keine Freigabe. Die Freigabe erfolgt separat. (Dieser Schritt ist entscheidend, wenn man keinen Hund haben will, der kurz kommt, sich das Futter holt und schnell wieder flüchtet.)
  • Versteht der Hund das Signal, wird die Ablenkung und die Distanz stufenweise erhöht.
  • Es sollte dann an verschiedenen Orten unter unterschiedlicher Ablenkung geübt werden. (Garten, leerer Parkplatz, reizarme Wiese)
  • Jeder neue Ort, jede erhöhte Ablenkung ist eine neue Übungsstufe.
  • Die Belohnung gibt es, sobald der Hund eine Stufe der Übung beherrscht, nur noch gelegentlich.

Mögliche Fehler beim Rückruf


Falsche Belohnung

Ein häufiger Fehler ist die Wahl der falschen Belohnung. Die Menschen glauben häufig, dass jeder Hund in jeder Situation sich über eine Futterbelohnung freut. Tatsächlich ist die Wahl der richtigen Belohnung nicht so einfach. Es braucht viel Einfühlungsvermögen die richtige Belohnung zu wählen. Futter kann durch Spiel oder durch soziale Zuneigung ersetzt werden. Im Alltag kann auch das, von dem man den Hund zurückgerufen hat, zur Belohnung gemacht werden. Beispielsweise könnte man den Hund, den man von einem spannenden Geruch zu sich gerufen hat, zur Belohnung wieder zum Geruch geschickt werden.
Hundehalterinnen und Hundehalter, könnten eine Wunschpyramide für ihren Hund zeichnen, in der sie eintragen, was der Hund in welcher Situation als Belohnung empfindet. Häufig wird man überrascht, an welcher Position der Pyramide dann häufig das Futter steht. Kreativität ist der Schlüssel, wenn es um Belohnung geht.

Zu viel Ablenkung und zu schnelles Vorgehen

Neben der Belohnung ist es wichtig zu wissen, was für den Hund in welchem Ausmaß eine Ablenkung ist. Das ist von Hund zu Hund unterschiedlich. Manche Hunde werden durch Gerüche abgelenkt und andere empfinden Bewegungsreize spannender. Beim stufenweise Steigern der Ablenkung sollte den Hundehalterinnen und Hundehalter bewusst sein, welche Ablenkungen für den Hund leichter und welche schwieriger sind. Wie bei der Belohnung, wäre es auch möglich eine Ablenkungspyramide für den Hund zu erstellen.

Körpersprache

Ein gängiger Fehler liegt in der Gewohnheit des Menschen, dem Hund entgegen kommen zu wollen und ihn sobald er greifbar ist auch greifen zu wollen. Der Hang dazu ist verständlich, weil man mit seinem Rückruf möglichst erfolgreich sein will. Der Nachteil ist aber, dass alleine der Wunsch die Körpersprache des Menschen verändert. Der Mensch beugt sich vor, schaut dem Hund entgegen und blockiert dadurch den Hund. Das Wort sagt, ,,Hier“ der Körper sagt ,,hau ab“. Alleine der Gedanke ist schon kritisch, da Hunde in der Lage sind ganz feine Körpersignale zu erkennen. Der Körper ruft immer mit. Manchmal sogar viel lauter als das Wort.

Rückruf obwohl der Hund nicht kommen wird

Im Aufbau des Rückrufs sollte möglichst vermieden werden, dass das Rückrufwort häufiger erfolglos benutzt wird. Um das zu verhindern ist wieder das Einfühlungsvermögen wichtig. Es sollte nicht in Situationen genutzt werden, wo bereits zweifelhaft ist, ob der Hund tatsächlich kommt. Doch genau hier wird häufig falsch gehandelt. Die meisten Menschen rufen ihre Hunde nur dann zurück, wenn eine kritische Situation auftaucht. Die Wahrscheinlichkeit des Misserfolgs ist dann hoch. Es wäre ratsamer den Hund in der Trainingsphase viel häufiger zu rufen ohne dass es einen Grund dafür gibt. Nur so kann man dann die Intensität der Ablenkung und auch die Belohnung passend wählen und langsam steigern.

Wiederholen und verändern des Rückrufwort

Das Rückrufwort ist und bleibt das Rückrufwort. Es ist menschlich, wenn etwas nicht funktioniert, es häufiger und stärker (lauter) zu machen. Vermeiden Sie aus einem ,,Hier“ ein ,,Neeeein, hier!!!“, ,,Kommst Du hier hiiiin“ oder ,,Hier, Hiiiier, Hiiiiiiiiiiiier“ zu machen. Der Hund hat es verstanden oder auch nicht aber ein ständiges Wiederholen und Verändern wird nicht helfen.

Fehlerbehebung

Funktioniert in den Stufen des Aufbaus etwas nicht oder nicht mehr, dann ist es empfehlenswert eine Stufe wieder zurück zu gehen und langsamer vorwärts zu gehen. Auch wird es Lebensabschnitte (Läufigkeit, Pubertät) geben, wo es keinen Sinn macht, in dieser Zeit eine neue und schwierigere Trainingsstufe zu betreten. In solchen Fällen bleibt man besser auf der sicheren Stufe oder geht sogar einen Schritt zurück.

Belohnung kann gut gemeint aber schlecht gemacht werden. Erstaunlich ist, dass viele Menschen ihren Hund sehr intensiv belohnen, wenn dieser, nach anfänglicher Hemmung und wiederholtem Schauen in alle Richtungen, dann doch kommt. Dies ist nur selten ratsam! Anfänglich beim Aufbau wird natürlich immer belohnt aber sobald der Hund das Prinzip verstanden hat, belohnt man nur noch besonders gute Leistung und ein verzögerter Rückruf, mit vorherigem Genießen der Aussicht, ist keine gute Leistung.

Es bleibt immer die Möglichkeit, den Hund an der Leine zu lassen, wenn ein Rückruf noch nicht oder gerade nicht sicher möglich ist. Ableinen erfolgt dann, wenn gerade die Situation so günstig ist, dass man sicher ist, dass der Rückruf funktioniert. Im Prozess des Aufbaus und der Festigung, sollten Misserfolge möglichst vermieden werden.

Ich empfehle beim Einüben einen Trainingsplan zu machen, an dem man sich orientieren kann. Dies führt meist schneller zum Erfolg als ein Vorgehen nach Lust und Laune.

Rückruf verpflichten


Selbst wenn wir davon ausgehen, dass der Rückruf kleinschrittig eingeübt wurde, der Hund es verstanden hat, alles in unterschiedlichen Situationen unter Ablenkung immer wieder geübt und gefestigt wurde, wird es Situationen geben, wo der Hund nicht kommt, obwohl er gerufen wird.

Dies kann verschiedene Gründe haben! Es kann von der oben erwähnten sozialen Struktur, über die aktuelle Lebensphase des Hundes bis zum fehlerhaften Aufbau, vieles sein.

Eventuell probiert der Hund aber auch einfach nur aus und experimentiert. Kluge Hunde stellen sich die Frage, was passieren würde, wenn sie nicht sofort kommen. Sie markieren erst noch einmal einen Grashalm, laufen im Bogen zu ihrem Menschen zurück, kommen und laufen sofort wieder los.

Ist man sicher, dass es sich um ein Ausprobieren des Hundes handelt, kann im ersten Schritt die Belohnung nur noch gegeben werden, wenn der Rückruf sehr gut ausgeführt wurde. Im zweiten Schritt kann, wenn nötig, eine Ermahnung erfolgen. Eine strenge Ansprache ,,wird es bald!“ oder ein Aufstampfen mit dem Fuß, ein klatschen mit den Händen sollten dem Hund verständlich machen, dass man gerade mit der Nummer nicht einverstanden ist.

Der Rückruf ohne Hundetrainer und Hundeschule?


Sollten Hundehalterinnen und Hundehalter von einer Hundetrainerin oder einem Hundetrainer den Rückruf lernen? Manche Hundeschulen vermitteln nicht mehr, als in diesem Text steht. Hundeschulen haben aber in der Regel einen besseren Blick für den Hund. Sie sehen Fehler schneller und können auch besser einschätzen, wann welche Trainingsstufe angebracht ist und wo eventuell noch etwas länger trainiert werden sollte. In der Regel haben gute Hundeschulen auch gute Werkzeugkisten aus denen sie das passende Werkzeug wählen können. Wichtig ist aber, dass die Übungen nicht alleine für die Hundeschule gemacht werden, sondern so angeleitet wird, dass alles auch in den Alltag übertragen werden kann. Kein Mensch lernt den Rückruf nur für den Hundeplatz.

Grenzen des Rückrufs


Ein großer Teil des Trainings wird über Motivation durch Belohnung aufgebaut. Im verpflichtendem Bereich sollte dann auch vermittelt werden, dass man es ernst meint mit dem Rückruf.
Beim Rückruf werden Bereiche im Gehirn des Hundes angesprochen, die (laienhaft geschrieben) für ,,Vernunft“ zuständig sind. Der Hund kennt bestenfalls die Regeln und wird sich bewusst richtig oder falsch entscheiden. Entsprechend wird er Reaktionen erleben und kann beim nächsten Rückruf wieder neu entscheiden.

Wenn aber Emotionen und Hormone ins Spiel kommen und der Hund sich nicht mehr bewusst entscheiden kann, dann wird es schwieriger.

Die bereits erwähnte Schwäche, Frust ertragen zu können aber auch das Jagdverhalten oder Hypersexualität gehören zu diesen Dingen.

In solchen Fällen müssen neben dem Rückruftraining auch andere Dinge trainiert bzw. verändert werden. Der Rückruf alleine ist in diesen Fällen nicht sehr erfolgversprechend.